Dienstag, 9. September 2014

Kya - dem Wolf »auf dem Schwanz getreten«*


Weinen? Weinen! Dieser Fickfehler von einem jämmerlichen Franzosen weinte tatsächlich vor Kyas Augen, anstatt wie jeder halbwegs normale Mensch den Weg zu ihren Vorräten zu zeigen. Die dunklen Augen des Loren weiteten sich noch mehr in Wut und Wunder. Am liebsten wollte er diese Pissfliege hier – wörtlich – anpissen und mit seinen Stiefeln zertreten, wäre er nur nicht der einzige, der ihre Suche nach Essen kürzen und vereinfachen könnte, was der Lore allmählich bezweifelte. Nun, als wäre der Abowichser nicht schon nutzlos genug, musste er auch losrennen! Diese Analfrosch, der bis vor einer Stunde nichts weiteres als ein Fickloch zuerst für die Franzosen, dann für Ziggy und am Ende für Rion war, rannte jetzt so einfach weg!
Es bestand kein Zweifel, dass man in Frankreich den Kindern nichts über Loristan beibrachten und nichts darüber, dass man einem Korre Lor (=lorischer, junger Mann) nicht so leicht entkam, wie einem französischen Jammerschwein. Vielleicht war Rion auch anstatt in eins seiner Löcher direkt in den Schädel dieses Zuchtfehlers gekommen, sodass er nur Sperma anstatt Hirn hatte. Kyas wurde sich also nicht mit rumstehen, glotzen und schimpfen zufrieden geben. Er folgte dem Franzosen, begab sich jedoch etwas abseits der Straße. Dieser Wichshirn war ja mit seiner Sippe eine Weile hier gewesen und kannte sich in den Straßen besser aus. Praktisch war es also absolut nicht, einen anderen Weg zu gehen. Es kam zu Kyas Glück gleich ein Schulgebäude, das er gut ausnutzen konnte. Es wurde natürlich Zeit kosten, in ein Haus rein zu gehen und die Treppen zum Dach hoch zu steigen, in diesem kleinen Kaff wurde er aber vom oben sehen können, wo diese Pissfliege war und wohin die Straßen führten.
So lange dauerte es aber nicht, denn er war erst im zweiten Oberstock, als er Spermahirn in eine andere Straße hinbeugen sah. Kugeln waren zu wertvoll, selbst wenn Kya dann alleine ganze drei-vier Tage nach den Vorräten suchen musste. Also schießen wurde er nicht. Er musste schnell in das nächste Klassenzimmer im ersten Stock, von dem aus er einen Blick auf die Nebenstraße halten konnte, wo Spermahirn war. Der Name, den er für das Jammerschwein mit Rions Wichse in sich erfunden hatte, gefiel Kya immer besser. Das Klassenzimmer war so was wie ein AG-Raum, etwas größer und mit schön langen Fenstern zur Straße. In Aufregung über das, was er nun diesem Fickfehler antun wurde, leckte sich der Lore die Oberlippe. Sein Zorn dennoch hatte auch nichts an Intensität eingebüßt. Automatisch griff Kya auf dem Weg zum Fenster nach zwei leeren, verstaubten Eimern, die herum standen. Als er aus dem Fenster blickte aber, stand Monsieur Spermahirn dumm und glotzte um sich herum. Kyas Lippen breiteten sich zu einem Grinsen. Zwei der Fenster waren schon geschlagen, also musste er es nicht riskieren, Prinzesschen mit dem Geräusch eines schwer zu öffnenden Fensters zu erschrecken.
Nun galt es mit der Ruhe zu zielen und treffsicher zu werfen. Klonk, klonk, zielte er die Eimer einen nach dem anderen auf Spermahirn und schleuderte. Der erste traf den Franzosen an der Schulter und der zweite seinen Kopf. Ohne auf das Ergebnis zu warten aber sprang Kya auf die Straße, was möglicherweise unangenehmer war als der erste Eimer, den Spermahirn bekam. Ohne Zeit zu verschwenden aber schlug er mit dem Kolben seiner geliebten Kelasch auf den Schienenbein des Anderen und sprang wieder auf die Beine. “Dschakesch!”, fluchte er endlich wortlaut und haute mit Kelaschs Kolben erneut hin, dieses Mal direkt ins Schlüsselbein des Anderen. Er hatte nicht vor, dem Spermahirn viel Zeit für Angst zu überlassen, griff also als nächstes mit seiner linken Hand nach der Hand dieses Fickfehlers und hiel sie fest in seine überstarke Hand. So wurde er nicht mehr entkommen können. Jetzt drückte er die dünnen Knochen der Hand auf einander. “Essen!”, brüllte er dabei, ließ kurz locker, drückte erneut und brüllte “Essen!” Das wiederholte er in einem 6/8 Takt 8 Mal hinter einander und lockerte wieder. Jedoch nicht so weit, dass Monsieur Spermahirn seine Hand raus ziehen konnte. Inzwischen hatte er ihn auch gegen die Schulwand gedrückt und stand auf dessen Zähen, nicht dass so ein Jammerschwein trotzdem plötzlich zu treten versuchte. “Dein Leben hängt gerade nur von unserem Essen ab.”, sprach er stark betont und mit genug Abstand zwischen den Wörtern. Nun übte er etwas gezielteren Druck auf den Knöchel des kleinen Finger, um dem anderen keinen Zweifel zu überlassen, wie leicht es für Kya war, alle 18 Knöchel an den 10 Fingern eins nach dem anderen zu zerdrücken. “Du zeigst mir euer Essen.” Bei dem Wort »Essen« drückte er wieder die Handknochen auf einander und ließ lockerer. “Essen!”, brüllte er erneut mit einem stärkeren Druck, “Essen!” Das letzte Mal drückte er nicht mehr, sah aber bedrohlich in die hellen Augen des Franzosen, versichernd, dass er dieses Spiel weiter treiben konnte. 

* Jemandem auf dem Schwanz zu treten bedeutet, jemanden richtig sauer  zu machen. 

Donnerstag, 10. April 2014

Rion - Nevermind, I'm givin' up

Es war nicht das erste Mal.
Und es würde nicht das letzte Mal bleiben.

Vor seinem geistigen Auge zogen all die Bilder, all die Bilder der Vergangenheit. Wie gefangen in einem Tunnel, wie ein Blitz, der in sein Hirn, direkt zwischen seine Augenbrauen hineinschoss und einen heftigen Schmerz hinterliess, wurde sein Blick getrübt.

Die Hand seiner Mutter, wie sie, in die Uniform einer professionellen Fechterin gekleidet, die Maske absetzend, ihn mit einem strahlenden, gewinnenen Lächeln zu sich zog und in die Arme schloss. 
Die weiten Felder seines Zuhauses, das saftige Grün der Wiesen, das unendlich laute Rascheln der Blätter und das Sausen des Windes, wenn er auf dem Rücken seines Hengstes mit hoch erhobenem Kopf völlig verbotener Weise im Sturm durch den Herbst galoppierte.
Und dann die Explosionen, das Unwetter in seinem Kopf, Schmerz, Angst, das packende, widerwärtige Gefühle der Einsamkeit, dass sich wie eine Faustschluss um sein Herz krallte und ihm die Luft zum Atmen nahm.
Gülden scheinend die Locken eines Engels, besudelt und verwehend im Dunkeln eines unendlichen Sumpfes, dass seine Erinnerung war. Der Geruch von verbranntem Fleisch. Stimmen, wirr durcheinander schreiend, wie zerfetzt durch sein zerstörtes Gedächtnis, dass sich immer mehr der Verdränung zu ergeben schien. 

Mutter..!

Die Hand seiner Mutter zerfaulend vor seinen weit aufgerissenen Kinderaugen. Das Fleisch hinuntertropfend, vermischt mit faulig riechendem Blut verzog sich das Gesicht der einzigen Frau, die er liebte, zu einer Masse kohligem, dampfenden Fleischl.

Kein Licht am Ende des Tunnels?
War da nichts weiter, nichts, dass seine warmen Arme um ihn schlingen und ihn erlösen, ihn an sich drücken und heilen würde, von all dem reissenden Schmerz, wie glühende Nägel, die in sein Fleisch gerammt wurden - wie eisige Zapfen, die seine Haut zerissen, die unter sein Nagelbett gerammt wurden - wie glühende Haken, die seine Augen zerissen und ihn zwangen, seinen Mageninhalt nach oben zu würgen?
Nur der Tod - der Tod - der Tod. Und niemand würde dort auf ihn warten. Aus irgendeinem Grund wusste er - sie, die er liebte, waren nicht dort. Und wenn er sterben würde, würde seine Seele nur zu Asche zerfallen und sein Leid würde auf ewig konsistent in dieser Welt bleiben. Wie ein Geist. Wie ein Fluch.

Wie ein massiver Krampf zogen sich seine Gedärme zusammen, ihm war, als würde er gleich seinen Darm nach oben würgen und unter dem Druck endlud sich der Inhalt seiner Blase über seine halbnackten Beine.

Wie angewurzelt an den Boden, geklebt, genagelt schüttelte es ihn vor Panik, nicht fähig, sich zu bewegen wurden nur seine braunen Augen immer grösser und Tränen strömten wie einem Wasserfall gleich über seine geröteten Wangen, aus seinem Mund ein Rinnsall Blut.

Dann ging alles ganz schnell.

Für einen Moment war die Welt wie eingefroren. Für einen winzigen Moment stand die Welt um ihn herum still. Er konnte seinen eigenen Atem wie einen lauten Windhauch spüren, wie er verflog, sich ergoss in die Luft um ihn herum. Sein Herz war wie ein Trommeln, ohrenzerschmetternd.

Als würde sein Blickfelt durch einen Riss geteilt werden, hatte Francis sich über ihn geworfen. Wie aus dem Nichts hatte er die Bänder zwischen Traum und Realität zerissen. Schweissperlen, von seinem Gesicht abblätternd, flogen durch die Luft. Sein Gesicht so voll von herrlicher, maskuliner Wut, Anspannung, Hass und Wut. Seine Muskeln waren bis zum Bersten angespannt. Er schlug und schwang und tötete, zerstörte, beschützte.
In Rions Augen ergab das Leben keinen Sinn. Er wollte es nicht.
Doch sein Herz machte einen Sprung. Wie als wäre das Atmen leichter gefallen, wie als wären plötzlich die Fesseln, die so lange scheuerten, von seinen Knöcheln, von seinen Handgelenken genommen.
Als Francis sich zu ihm umdrehte, war Rion hochgerötet, schnaufend, starrte ihn nur an wie ein verwirrtes Tier. Doch sein Herz schlug ihn wilder Erregung. Er konnte ihn nur anstarren, sein vor Zorn verzerrtes Gesicht.

Ohne Worte richtete er sich auf. Langsam, denn seine Beine waren schwach. Er fühlte sich hungrig, er fühlte sich, als hätte er tagelang weder geschlafen noch gegessen. Als hätte er die letzten Tage überhaupt nicht gelebt und nur geblutet. Er nickte nur stumm und hatte den Kopf gesenkt, weil der wehtat und unglaublichem inneren Druck ausgesetzt war.
Er schaukelte zu Francis herüber, immer noch den Kopf gesenkt, seine Beine zitterten. Ihm war unglaublich kalt. Das Blut tropfte ihm in einem kleinen Strom hinunter vom Kinn auf den Boden vor ihren Füssen. Seine Hose, seine Beine waren nass. Er fühlte sich wie ein kleines Kind, dass dumm war und in den Bach gefallen ist. Völlig benommen griff er nach Francis Fingern. Dem Zeigefinge und Mittelfinger. Um die ganze Hand zu packen, war er zu schwach.
"...Ich will hier weg...."
In seinen Augen bildete sich der Anflug von Tränendruck. Immer, wenn er weinen musste, spürte er diesen Schmerz in den Schläfen und dieses Pressen, als würde sich die Flüssigkeit regelrecht durch sein ganzes Gesicht durch seine Augen hinausdrücken wollen. Aber er wollte nicht weinen und biss sich zusätzlich, reichlich schmerzhaft, auf die Lippen, um dem standzuhalten.
".. lass uns schnell von hier weitgehen..."
Schliesslich in der Lage, Francis ganze Hand zu umgreifen, lehnte er seinen Kopf gegen Francis Brustkorb und schloss die Augen.

Jules - Courant

Er spürte sein Herz schneller schlagen. Da sein Körper geschwächt war, fühlte sich das aber alles andere als angenehm an und er musste sich einbilden, sein eigenes Herz hätte ich gegen ihn verschworen. Die viel zu raschen Pumpbewegungen pressten sein Blut durch die Adern, die ob der Last zu platzen drohten. Sein ganzer Leib zitterte und vibrierte und dann war da dieser stechende Schmerz in seinem Unterarm.

Der Barbar hatte ihn erneut gepackt, beschimpfte ihn mit Worten, die er nicht verstand, holte dann aus und verpasste ihm zwei schellende Ohrfeigen. Wäre Jules' Kopf nicht fest gewachsen, so wäre er sicherlich durch die Wucht des Aufpralls einfach davon geflogen. Da er es gewohnt war, geschlagen zu werden, gab er keinen Laut von sich und zuckte kaum merklich zusammen, doch gegen die roten Flecken, die sein Gesicht nun links und rechts symmetrisch verunstalteten konnte er nichts unternehmen. Ihre Blicke trafen sich und sofort durchströmte Jules' ein heftiges Gefühl von Furcht, das bis ihn bis in die Knochen durchdrang. Solch furchterregende Augen hatte er in seinem Leben noch nicht gesehen und selbst in denen seines sadistischen, älteren Bruders hatte sich selten so grosse Mordlust und Kaltblütigkeit widergespiegelt. Ein kalter Schauer durchfuhr ihn und er merkte, wie seine eigenen Augen sich mit Tränen füllen wollten, was er dringend verhindern musste. Eben als er sich losreissen wollte, liess der andere von ihm ab und stiess ihn in die Richtung in die er eben vorangeeilt war. Zittrig wischte er sich über das Gesicht und liess das ausländische Gemotze über sich ergehen.

Seine Beine trugen ihn nicht mehr halb so gut wie sie es vorhin noch getan hatten und sein Herz pochte noch heftiger seit er in die glühenden Augen dieses Wahnsinnigen hatte sehen müssen. Wirre Gedanken fingen an, von seinem Kopf Besitz zu ergreifen, es schwirrten üble Bilder vor seinem inneren Auge hin und her und eine Stimme begann ihm zuzuflüstern, dass es äusserst gefährlich war, sich mit diesem aggressiven Jungen abzugeben. Plötzlich sah er auch wieder die blutige Szene vor sich bei der sein Bruder und dessen Freunde eben erst abgeschlachtet worden waren. Er atmete geräuschvoll aus, sog dann die Luft so tief in seine Lungen, dass diese schmerzten und dann sprintete er los.

Alles geschah so plötzlich, dass der andere nur wenig später reagieren konnte. Jules hatte somit einen kleinen Vorsprung und war zudem leichter und wendiger als Kya. Dieser winzige Vorteil genügte zumindest, dass er wie ein Besessener vor dem wütenden Kerl davon rennen konnte. Seine Muskeln brannten bald, doch das ignorierte er. Als er sich endlich traute, sich umzublicken war da niemand hinter ihm. Irritiert blieb er stehen, riss den Kopf hin und her und wurde dabei immer nervöser. Hatte er den Typen tatsächlich so schnell abgehängt?

Montag, 24. September 2012

Kya - Verwaltung


Endlich gab es hier was vernünftiges zu tun und dieser Franzosentrottel war natürlich zu dumm und zu sehr mit sich selbst und das schändliche Elend für sein Leben beschäftigt, um es zu checken. Kein Wunder, dass dieser Parasit sich nur an der Seite seines barbarischen Bruders ernähren und am Leben halten konnte, denn wem fiel es ein, zu jammern, wenn es darum ging, Futter zu besorgen?!
“Nur dieses eine Mal spiele ich mit und spiele den Kindergartenerzieher.”, warnter Kya den wortkargen Blonden, dem es anscheinend nicht aufgefallen war, dass man sich schon seit über einem Jahrhundert lieber eine andere Sprache bedeinte als die seine. Seufzend ging er herüber zu dem Kerl, der wie ein bockiges, kleines Gör auf der Stelle stehen geblieben war und vor sich jammerte. Ginge es nicht ums Essen, hätte er auf der Stelle die Nervensäge mit einem großen Stein oder eine Stange von der Last des Lebens entlassen – welcher Narr würde dann schon fürs Muttisöhnchen Munition verschwenden?!! - doch der Scharfsinn des Loren sagte ihm, dass in diesem Fall etwas Geduld sich definitiv lohnte. Es gab hier irgendwo sicher Lebensmittelvorräte und zwar für die große Gruppe, die dieser Soldatenabschaum waren. Das verprach zumindest einige reichliche Mahlzeiten.
Der Bengel aber, den er betreuen musste, schien über diesen Voteil ganz bewusst zu wissen, denn er fing nun an, Kyas Geduld um neuen Maßen herauszufordern. Ein Lore war nie tolerant gegenüber Beleidigungen, die der Franzosentrottel gut auswendig gelernt hatte, vor allem aber hassten es Loren, beleidigt zu werden, wenn der Gegenüber der lorischen Sprache nicht mächtig war und dementsprechend auch ihre Gegenleistung nicht zu schätzen wusste, “Ei beni mene u Djannem ke berat rafta bi! Ei nasnasa bi namus!”, schimpfte er also – eher um sich zu beruhigen – entgegen, während er nun dem Blonden folgen musste. Dieses Mal packte er ihn besonders barsch am Arm, mit einem fast übermenschlich starken Griff, drehte diesen zu sich um und passte ihm zwei ganz sorgfältig ausgerechneten Ohrfeigen. “Keiner scherzt mit dem Essen!”, warnte er Jules, während zwei wilden bernsteinfarbigen Augen in die vergleichsweise leblosen Augen des Franzosen hinein bohrten. “Du kannst dich umbringen, wenn du willst aber keiner hier gefährdet Essensreserven der Gruppe.” Nun packte er ihn etwas lockerer am Arm und schüttelte ein Mal, “Kappiert oder ist das zu viel für dein Erbsenhirn?” Um sicher zu sein, dass die Sprachkenntnisse des anderen tatsächlich angewendet wurden, hob er leicht mit der anderen Hand Kelasch, “Das werde ich an dir nicht versgeuden, wenn du dich so sehr nach einem schnellen Tod sehnst.” Nun wurde der Franzose von Kya durch die selbe Gasse und in dieselbe Richtung geschubst, wo er hin wollte. Wäre er zufällig dabei gewesen, tatsächlich Kya zu ihren Vorräten zu führen, so wollte der Lore diese Chance auf keinen Fall verpassen.

Dienstag, 18. September 2012

Jules - Lâchement

Zu dumm, nicht wahr? Eigentlich wollte er nicht zurück zu diesen Leuten. Vor dem grossen Kerl mit den Dreadlocks, der ihn erst so zärtlich behandelt und kurz darauf Lucien zu Boden geschmissen und ihm den Schädel zertrümmert, der wie ein wildes Tier noch zwei andere Männer niedergemetzelt hatte, hatte Jules solchen Schiss, dass er ihn nicht wiedersehen wollte. Was war das nur für einer, der so freizügig lieben und im nächsten moment blutrünstig morden konnte?! Dem Rothaarigen, der Max hiess soweit das stimmte (und das hatte auch nur Jules interresiert, die anderen hatten nicht danach gefragt) würde er nicht in die Augen sehen können nach allem was sein Bruder und dessen Freunde ihm angetan hatten. Jules hätte ja etwas dagegen tun können, doch er hatte es einfach zugelassen als wäre es schon irgendwie in Ordnung, was es ganz und garnicht war. Ausserdem war da noch der Kleine, den er gefickt hatte, der ihm gerade aber auch scheissegal war obwohl er ihn prinzipiell ziemlich süss fand und vielleicht wiedersehen wollte. Jules hatte also (fast) keinerlei Ambitionen, zu diesem gestörten Haufen Kontakt zu suchen. Was allerdings wollte er denn sonst tun? Wo sollte er hin? Er hatte Angst. Panische Angst sogar. Zu dumm also, dass er zu feige war, selbstständig seinen eigenen Arsch  zu retten und sich lieber an diese komische Gruppe hängen wollte, die ihm nicht geheuer war.

Dass aus seinem Leben nichts werden würde, hatten ihm sämtliche Familienmitglieder ja seit jeher eingetrichtert und siehe da, sie sollten Recht behalten. So karg hatte er sich seine Zeit als junger Erwachsener allerdings auch wieder nicht vorgestellt. Während er halb im Delirium durch die Strassen wankte und möglichst viel Zeit schinden wollte, bis er sich den anderen anschloss, kam ihm ausgerechnet der unheimliche Junge entgegen, der ihn heute Morgen schon misstrauisch beäugt und aus der Ferne beinahe angeknurrt hatte. Jules wurde angesprochen und verstand natürlich kein Wort von dem, was der Typ da brabbelte aber der packte ihn grob am Handgelenk und zerrte ihn mit sich. Irgendwie machte er verständlich, dass er Essbares suchte und der Blonde konnte sich errinnern, dass sie noch einiges an Vorräten übrig hatten. Der ruppige Türke oder Araber oder was auch immer stapfte unelegant voran und hatte endlich Jules' Handgelenk losgelassen. Der murrte beleidigende Worte auf Französisch vor sich hin, hob dann den Kopf und starrte den anderen feindselig an. Ohne ihm zu erklären, was er vorhatte - wozu auch, dieser durchgeknallte Barbar verstand Jules' melodische, romantische Muttersprache doch sowieso nicht! - schlug er eine andere Richtung ein und verschwand in einer Gasse.

Max - Der Patient

Die tapferen Ritter hatten diese Schlacht gewonnen so schien es. Doch wie es im Krieg nun einmal läuft, hatte auch dieser Kampf ihre Opfer gefordert und ein junger, hitzköpfiger Mitstreiter hatte schwere Wunden davon getragen. Während nun alle ausgezogen waren um Vorräte zu sammeln und das Lager durch Schutzwälle zu sichern, war die Prinzessin mit dem Verletzten allein geblieben. Ihre Gedanken schweiften ab und sie musste wehmütig an den selbstlosen Einsatz der Ritter denken, die die fremde Söldnertruppe niedergeschlagen hatten, die der Prinzessin so viel Leid zugefügt hatte. Nun war sie frei und durfte sich vielleicht für den Moment in Sicherheit wähnen. Sie war froh, dass sie solch wunderbare, aufrichtige Männer, getrieben von kühner Tapferkeit kennen gelernt hatte und ihr Herz fühlte sich wieder ein wenig leichter an. Das Abenteuer würde nun beginnen.

Der Rotschopf hatte sich vorsichtig an den Rand des modrigen Sofas gesetzt auf dem der grosse Kerl mit den sonderlich gefärbten Dreadlocks lag. Sein Gesicht sah genauso grün aus wie seine Haare und zwar versuchte Zig Zag, wie er sich selbst nannte witzig zu wirken, doch strengte ihn das Reden so sehr an, dass er Max fast auf den Schoss kotzte. "Ich heisse Max und hatte nicht vor, dich allein zu lassen.", beruhigte er den Verletzten mit seiner tiefen, sanften Stimme und legte ihm dabei eine Hand auf den Kopf. Der Deutsche - sein Akzent verriet sicherlich, dass Englisch nicht seine Muttersprache war - ekelte sich nicht so schnell, hatte er soch bereits im zarten Kindesalter medizinische Fachbücher mit Fotos von den grausigsten Abartigkeiten, die die Natur an Krankheiten hervorbringen konnte verschlungen. Ungezwungen streichelte er dem anderen durch das verschwitzte, wirre Haar und beobachtete ihn aufmerksam. "Wenn es dir besser geht, will ich dich nochmal untersuchen. Es wäre schlecht, wenn du ernsthaft krank wirst. Sag mal ..", er sprach nun etwas gedämpft, weil ihm die nächste Frage unangenehm war, aber er war wirklich um diesen Verrückten besorgt, jetzt da es sein Patient war, "Ist dir so etwas schon einmal passiert? Dass du so total ausgerastet bist meine ich. Wir drehen hier ja alle ein bisschen durch aber naja.. gerade wirkst du ruhig." Seine langen Finger verhedderten sich in den unordentlichen Dreadlocks und Max zog kurz die Hand zurück. Einen Moment zögerte er, nahm dann aber eine Falte dieses dämlichen Kleides, das er immer noch trug und wischte Zig Zag damit sachte den Mund ab.

Jemanden berühren zu dürfen, frei von Gewalt, eine kurze zärtliche Geste zu verschenken. Oh, das Herz hüpfte der Prinzessin vor Freude in der Brust.

Sonntag, 3. Juni 2012

Zig Zag - Something 's wrong..

Alle waren sie irgendwie beschäftigt um ihn herum.

Mehr oder minder allein stand er noch da und zog lange an seinem Joint, der sicher genau so viel Gras enthielt wie eine Gewürzdose Basilikum. Aber irgendetwas Beruhigendes hatte es doch an sich. Alleine dieses tiefe Inhalieren, das extreme Ausweiten der Lungen und das lange, geschmeidige Ausatmen, der Blick dem Rauch folgend, der zwischen seinen Lippen hervorquoll wie dicke Suppe und sich mit dem Nebel über ihren aller Köpfen vermischte.
Ziggy lehnte sich an die Hauswand und schloss die Augen halb.

Er fühlte sich schwach und übel war ihm. Als müsse er gleich kotzen, so mitten auf die Strasse am Besten, direkt vor seine eigenen Füsse. Aber dazu müsste er wohl besoffen sein, sonst machte das keinen Spass.

Im Moment fühlte er sich wirklich einfach nur schlecht - und hätte ihm eine geile Braut heissen Sex von hinten in ihren engen Arsch angeboten, wäre ihm gerade echt nicht danach gewesen. So sehr ekelte er sich vor der ganzen Situation und auch irgendwo.. vor sich selbst..
Als er schliesslich so einige Zeit alleine dort stand, wurde es kalt. Irgendwo in der Ferne war ein Heulen zu vernehmen. Ziggy schlang die Arme um sich selbst. Diese Welt war zum Verrecken scheisse. Dieser dicke Nebel  würde sie alle verschlingen, und wenn nicht der Nebel, dann würde irgendetwas anderes sie alle töten. Er fing an zu würgen, hustete und spuckte schliesslich auf den Boden.

Schwindlig und schwach wankte er wieder zurück in die Behausung, in der nun kein Frühstück mehr stand und auch sonst absolut nichts einladend oder warm war 

Doch in der Tür stehend, immer noch die Arme um sich selbst geschlungen, erstarrte er kurz. Da auf dem Bett sass dieses fremde Wesen. Mit den endlos langen, roten Locken.

Ziggy räusperte sich kurz, reckte sich dann etwas hoch, machte sich grade. Doch dann schmerzte es ihn irgendwie unheimlich und ihm wurde wieder übel und er musste seinen Rücken etwas rund machen, um seinen gerade extrem schwachen Magen zu schützen Er taumelte zum Bett hinüber und lies sich einfach neben Max auf die Matratze fallen.

Dann sah er zu dem lockigen Weg hoch. Er selbst lag auf dem Bauch. Das war ganz angenehm. Und reckte seinen Kopf hoch und kniff etwas die Augen zusammen, um alle Gesichtszüge und Details mit einem Mal erfassen zu können. Doch so recht wusste er jetzt nicht, welches Geschlecht besagtes Wesen hatte. Irgendwie war es einerseits sehr weiblich aber die Gesichtszüge hatten etwas durch und durch maskulines an sich. Okay, es konnte der leichte Flaum am Kinn sein, aber den hatte er bei Frauen auch schon gesehen.
Er legte den Kopf wieder ab und gab ein lautstarkes Bäuerchen von sich.
Dann räusperte sich und schloss die Augen.
"He.. kraulst du mir 'n bisschen den Nacken? Ich denk' das lenkt mich vielleicht von diesem Kotzwunsch ab.. irgendwie scheint mein Magen grade Tassenkarussell zu fahren oder so.."
Er drückte sein Gesicht ins knittrige, dreckige Laken.

Er hatte ja eh nix zu verlieren. Aber kurz hob er noch mal grinsend den Kopf.

"Ich bin Ziggggggggyyy... aber.. ich glaub wir unterhalten uns... wenn's mir besser geht..."
Dann knallte sein Kopf wieder nieder und er musste furchtbar husten, sein Körper zuckte deutlich. Irgendwas stimme ganz ganz ganz und gar nicht mit ihm. Seine Muskeln verkrampften sich und es schmerze, als würde er innerlich brennen und als würde es überall an ihm zerren und reissen. Ziggy stöhnte vor Schmerz.

Sein Körper schien sich zu verändern. Ziggy rammte die dreckigen Fingernägel ins Laken. Als würde etwas in ihm wachsen und immer stärker und blutrünstiger werden und andererseits war ihm so zum Kotzen und nur noch das Kiffen beruhigte ihn...

Er hustete wieder und verschluckte sich fast dabei und Speichel liess aus seinem Mundwinkel.
"Bitte.. geh nicht weg..."